Gründet man wie hier dargestellt einen „bloß politischen“ Ortsverband ohne eigene Rechtspersönlichkeit fällt eine Menge formal nötiger Erledigungen weg, genug zu tun bleibt trotzdem.

Was Priorität hat, ergibt sich zum Teil aus den Projekten und Motivationen der Ortsverbandsmitglieder (Will man dringend ein Bürgerbegehren zu einem Konfliktthema auf den Weg bringen? Will man bei der nächsten Wahl in Gemeindeversammlung/Stadtrat einziehen?), zum Teil aus einem Blick auf den Kalender: Wenn die nächsten Kommunalwahlen noch mehr als sechs bis acht Monate entfernt liegen, kann man sich ein wenig mehr Zeit fürs Kennenlernen, die Aufstellung gemeinsamer Ziele, erste Veranstaltungen und Mitgliedergewinnung nehmen.

Einerseits möchte man wohl so schnell wie möglich mit anderen Akteuren der örtlichen Politik interagieren oder sonst in die Öffentlichkeit, um die eigenen Ziele umzusetzen – andererseits will man kein bloßes Strohfeuer zünden, sich auf Blender und faule Kuckuckseier an der Spitze einlassen, die die mühsam gegründete Ortsgruppe mit unbedachten Äußerungen in Verruf bringen.

Wir haben damals einen gemäßigt offensiven Doppelansatz gewählt: In Fortsetzung der Linie einer offenen Gründungsveranstaltung haben wir eine Pressemitteilung gemacht, in der wir weitere Interessierte herzlich eingeladen haben, zu den nächsten Treffen zu kommen, zugleich aber deutlich gemacht, dass wir uns wegen dieser Offenheit eben erst noch finden müssen und ein Programm erstellen.

Zugleich haben wir uns den vor Ort aktiven, bereits etablierten Parteien vorgestellt: Mit unserem Vorstellungsbrief haben wir also früh Tuchfühlung aufgenommen und versucht, erste Kontakte zu knüpfen, gleichzeitig aber nicht nur Erwartungsmangement dahingehend betrieben, dass wir noch in einem ziemlich messy Gründungsprozess sind, sondern uns damit auch proaktiv gegen entsprechende hämische Kommentare abgesichert.

Danach haben wir uns vor allem mit der Konsolidierung der Mitgliedschaft und dem Aufbau der ersten Strukturen beschäftigt – Homepage, Facebookseite (good old times), Geschäftsordnung.

In der Findungsphase gibt es dann natürlicherweise einige Verwerfungen, die ersten wenden sich enttäuscht ab, andere tauen langsam auf, man stellt sukzessive fest, wer welche Talente, Kontakte und Zeitbudgets in die Wagschale werfen kann. Es bietet sich an, auf die Veranstaltungsformate übergeordneter Gliederungen zurückzugreifen, um erste gemeinsame Aktivitäten zu unternehmen, Ideen zu schmieden und Kontakte zu knüpfen. Sobald man einen inneren Kern gefunden und verlässliches Führungspersonal zusammengestellt hat, kann man die Fühler weiter ausstrecken.

Im Sinne der Unterscheidung zwischen Gremienarbeit und informellerem Wirken (s.u.) empfiehlt es sich aus meiner Sicht, zweigleisig zu fahren:

  • Für ersteres kann man im ersten Schritt eine (koordinierte) Präsenz bei offiziellen Gremien, etwa bei Ausschusssitzungen, mit einer intensiven Recherche in Protokollen früherer Sitzungen und weiteren, ggf. bei der Verwaltung zu erfragenden Dokumenten zur Vorbereitung verbinden.

Danach kann man auch mal mehr als bloß incognito auftreten, beispielsweise in Einwohnerfragestunden mit Hinweis auf den Ortsverein dessen politische Themen ansprechen. Meines Erachtens sollten derartige Auftritte am Anfang aber zumindest vorher angekündigt sein und bei den gewählten Sprecher/-innen oder explizit per Mehrheitsbeschluss Beauftragten monopolisiert sein, sonst entsteht allzu schnell eine Kultur, in der Leute, die ein einziges Mal bei einem Treffen dabei waren, das Bild des Ortsvereins prägen – Sippenhaft fühlt sich dann schnell real an.

Schließlich kann man eine erste Initiative vorbereiten – etwa einen offenen Brief an Entscheidungsträger/-innen mit einem Vorschlag zu einem Sachthema oder zum Verfahren (z.B. Einwohnerversammlung, Bürgerentscheid).

  • Auf der Aktivitätsseite könnte man eine Verteilaktion (bei Grünen je nach Jahreszeit: Bio-Äpfel, Weihnachtskekse, Sonnenblumensamen) in der Fußgängerzone oÄ planen, die je nach Gusto dem Zeigen mehr dem Zeigen von Präsenz und Gewinnen von neuen Mitgliedern (Formulare zum Hinterlassen der Mailadresse und Kugelschreiber nicht vergessen!) oder dem Äußern einer politischen Botschaft dient – und in jedem Fall als erste gemeinsame Aktivität den Zusammenhalt in der Gruppe stärkt.

Der Fantasie sind im Übrigen keine Grenzen gesetzt: Demonstrationen, gemeinsames (thematisches) Kochen, ein (teil- oder ganzöffentlicher) Filmabend, die Einladung eines Experten zu einem gewissen Thema. Für den ersten Schritt würde ich allerdings zu etwas in Vorbereitung und Durchführung eher Einfachem raten.

Eine Checkliste für die ersten Schritte folgt in einem späteren Beitrag!

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